Ermittlungen nach Olympia-Skandal im Fünfkampf eingestellt
Die Bilder des völlig verunsicherten Pferdes und der aufgelösten Sportlerin mit der gezückten Gerte in der Hand gingen beim Olympia-Skandal im Modernen Fünfkampf um die Welt.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Potsdam das Verfahren gegen die Athletin Annika Schleu und Bundestrainerin Kim Raisner wegen des Verdachts der Tierquälerei eingestellt. Die Beschuldigten hätten in Tokio auf das Reitpferd nur kurzfristig eingewirkt und sich in einer physischen und psychischen Ausnahmesituation des olympischen Wettkampfes befunden, hieß es in einer auf der Internetseite der Staatsanwaltschaft veröffentlichten Mitteilung. «Dem Turnierpferd wurden zudem keine Verletzungen zugefügt», hieß es dort weiter.
Der Vorstand des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF) reagierte zufrieden auf die Entscheidung: «Mit der Einstellung des Verfahrens wird eine unnötige Belastung unserer Gerichte vermieden. Deshalb ist die Einstellung sehr zu begrüßen.» Bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung reagierte Geschäftsführer Dennis Peiler auch erleichtert: «Wir begrüßen es, dass der Vorfall nun juristisch bewertet und das Verfahren damit abgeschlossen ist.»
Strafanzeige des Tierschutzbundes
Das Schleu zugeloste Pferd hatte sich bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr beim Parcours in Tokio verweigert. Trainerin Raisner hatte die weinende Berlinerin mit den Worten «Hau mal richtig drauf!» zum Einsatz der Gerte aufgefordert. Der Deutsche Tierschutzbund hatte nach den Vorkommnissen Strafanzeige gegen Schleu und Trainerin Raisner gestellt. Die Ermittlungen wurden wegen des Wohnorts der Beschuldigten in Potsdam geführt. Der Fünfkämpferverband kritisierte erneut, dass die Anzeige der Tierschützer «jeglicher juristischer Grundlage entbehrt» habe.
Schleu und Raisner müssen nun einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zahlen. Zur Höhe wollten die Ankläger aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes keine Angaben machen. Erst, wenn die beiden das Geld bezahlt haben, wird das Ermittlungsverfahren eingestellt.
«Die Einstellung erfolgte mit Zustimmung unserer Mandantin», sagte Raisners Anwalt Simon Bergmann. Es sei mit keinem Schuldeingeständnis verbunden. Ausschlaggebend sei gewesen, dass ein langwieriges Ermittlungs- und Gerichtsverfahren mit Belastungen für alle Beteiligten vermieden werden konnte. Damit entfalle der Schuldvorwurf, so dass sich Raisner weiterhin als unschuldig bezeichnen dürfe.
Schleu wehrt sich gegen Vorwurf der Tierquälerei
Schleu, die einen Beitrag von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen will, äußerte sich über ihre Anwälte und bekräftigte darin ihr Interesse an einem Abschluss des Ermittlungsverfahrens. Sie kündigte darin an, weiter über den Schutz von Tieren – speziell Pferden – diskutieren zu wollen. «Die weitere Diskussion um den Schutz von Pferden im Sport sollte nicht auf dem Rücken von Frau Schleu ausgetragen werden, sondern innerhalb der zuständigen Verbände fortgesetzt werden», teilte Anwalt Tinusch Jalilvand mit.
In einem Interview hatte sich Schleu im vergangenen Jahr bereits gegen den Vorwurf der Tierquälerei gewehrt. «Ich habe das Pferd nicht extrem hart behandelt. Ich hatte eine Gerte dabei, die vorher kontrolliert wurde. Genauso wie die Sporen. Ich bin mir wirklich keiner Tierquälerei bewusst», sagte die 31-Jährige. Sie bekannte aber auch, dass sie eventuell früher hätte sagen können, «okay, es hat einfach keinen Wert». Auch ihre Trainerin distanzierte sich damals von dem Vorwurf: «Ich bin weit davon entfernt, Tiere zu quälen. Ich liebe Tiere, ich liebe Pferde. Wir verdreschen unsere Pferde nicht.»
Der Weltverband UIPM beschloss im vergangenen Jahr, dass der Moderne Fünfkampf nach 2024 ohne Reiten stattfinden soll. Der Ersatz für das Reiten soll erstmals bei den Spielen 2028 in Los Angeles zum Einsatz kommen. Der UIPM-Präsident Klaus Schormann sagte im November, dass in Arbeitsgruppen nach einem Ersatz gesucht werde. Allerdings seien die Maßnahmen laut Schormann keine Reaktion auf das Olympia-Drama um Schleu, sondern die Gedanken zur Änderung gebe es seit 2016.