Joana Heidrich (r) aus der Schweiz gegen Svenja Müller aus Deutschland. Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

Bronze ohne Freude: Müller/Tillmann nach Drama WM-Dritte

Rom (dpa) – Plötzlich hallten markerschütternde Schreie durch das Stadion – und der Sport und der Kampf um die Bronzemedaille bei der Beachvolleyball-WM in Rom interessierte niemanden mehr.

Völlig geschockt sahen Svenja Müller und Cinja Tillmann sich an, als ihre Gegnerin Joana Heidrich nach einem eigenen Aufschlag in den Sand sackte, sich den rechten Arm hielt und vor Schmerzen schrie.

Minutenlang wurde Heidrich behandelt. Svenja Müller und Cinja Tillmann hatten Tränen in den Augen und halfen zugleich mit, die 30-Jährige zu versorgen. Sie hielten Tücher, um die Verunglückte vor Blicken zu schützen, während Ärzte sich um Heidrich kümmerten. «Das ist einfach nur schrecklich, du stehst daneben und bist so hilflos», sagte die 21-jährige Svenja Müller.

Schulter ausgekugelt

Die eine erste Diagnose ergab, dass sich Heidrich die rechte Schulter ausgekugelt hatte. Sie hatte schon im verlorenen Halbfinale gegen die Brasilianerinnen Duda und Ana Patricia einen Tag zuvor mit Schulter-Problemen zu kämpfen.

Zum Zeitpunkt des Abbruchs am Sonntag hatten die beiden Hamburgerinnen mit 0:1 Sätzen und 7:10 Punkten gegen Heidrich und deren Partnerin Anouk Vergé-Dépré zurückgelegen. Nach der Aufgabe der Olympia-Dritten ging das Spiel und die Medaille an das deutsche Duo. «Das sind ganz schön gemischte Gefühle, unsere Gedanken sind bei Joana und Anouk», sagte Cinja Tillmann. Dass die 30-Jährige und ihre neun Jahre jüngere Partnerin bei der WM eine starke Leistung geboten hatten, war völlig unwichtig geworden.

Schon allein der Einzug in das Halbfinale war für das neuformierte Duo ein Erfolg. Erst in der Vorschlussrunde mussten sie am Samstag gegen die Kanadierinnen Sophie Bukovec und Brandie Wilkerson mit 1:2 die erste Niederlage im siebten WM-Spiel hinnehmen.

Erste gemeinsame Saison

«Wir haben das riesige Potenzial gesehen, aber dass sie schaffen, es so schnell abzurufen, hat uns alle überrascht», sagte DVV-Sportdirektor Niclas Hildebrand. Im vergangenen Jahr hatten Müller und Tillmann zusammengefunden, aber erst in diesem Jahr spielen sie ihre erste Saison komplett durch. Ein erster Erfolg war der Sieg im Mai in Ostrava beim Elite-16-Turnier, der höchsten Kategorie in der Beach Pro Tour.

Vor allem die 1,92 Meter große Svenja Müller ist mit ihren erst 21 Jahren ein Versprechen auf die Zukunft. «Wenn sie körperlich fit bleibt, hat sie in ihrer Karriere bei Weltmeisterschaften noch sechs Mal die Möglichkeit, ins Finale zu kommen», meinte Hildebrand.

Dass das Abschneiden von Svenja Müller und Cinja Tillmann die durchwachsene deutsche WM-Bilanz etwas beschönigt, räumte der Beach-Chef ein. Schließlich hatten nur Müller/Tillmann und die Stuttgarterinnen Karla Borger/Julia Sude das Achtelfinale erreichte.

Die anderen beiden Damen-Teams und das einzige Männer-Duo Nils Ehlers/Clemens Wickler schieden frühzeitig aus. «Es war für uns eine WM mit Licht und Schatten», hatte Hildebrand vor dem Spiel um Platz drei gesagt. Nach dem Drama im Sand interessierte das niemanden mehr.

WM-Sieger stehen fest

Im Finale am Abend setzten sich die Brasilianerinnen Duda und Ana Patricia mit 2:0 (21:17, 21:19) gegen Sophie Bukovec und Brandie Wilkerson durch. Die Kanadierinnen hatten am Samstag im Halbfinale Müller/Tillmann bezwungen, Duda/Ana Patricia hatten die Schweizerinnen besiegt.

Bei den Männern waren Anders Mol und Christian Sørum nicht zu schlagen. Die Norweger sicherten sich erstmals den WM-Titel durch ein 2:0 (21:15; 21:16) gegen die Brasilianer Renato und Vitor Felipe. Mol und Sørum sind damit die aktuellen Europa- und Weltmeister sowie Olympiasieger von Tokio 2021. WM-Dritte wurden Andre/George aus Brasilien durch ein 2:1 (15:21, 21:17, 15:11) gegen die Amerikaner Chaim Schalk und Theodore Brunner.