Volleyball zwischen Aufschwung und Existenznöten
Bestensee (dpa) – Während die Berlin Volleys am Wochenende vor mehr als 8000 Zuschauern ihre siebte Meisterschaft in Folge feierten, kämpft gut 50 Kilometer südlich mal wieder ein Volleyball-Bundesligist ums Überleben.
Die Netzhoppers KW-Bestensee aus Brandenburg haben einen Insolvenzantrag gestellt – und wollen trotzdem möglichst in der ersten Bundesliga weiterspielen. «Es ist eine sehr herausfordernde Aufgabe in den nächsten Tagen», sagt Netzhoppers-Urgestein Dirk Westphal der dpa. Der 37-Jährige hat seine Spielerkarriere beendet und setzt sich für einen Neuanfang im Management ein.
Bis Ende Mai will der Club der Liga einen bis zu 75 Prozent abgedeckten Haushalt vorlegen, der durch die Sponsoren-Einnahmen abgesichert ist. Auch die Option zweite Liga hält man sich offen. Die Lizenz für den Traditionsstandort ist in Gefahr. Gehälter wurden zuletzt nicht mehr gezahlt, die finanzielle Situation spitzte sich zu.
Energiekrise trifft viele Vereine
Die Brandenburger sind bei Weitem nicht die ersten, die in den vergangenen Jahren in große Probleme gerieten. Im vergangenen Sommer bekamen die United Volleys aus Frankfurt keine Lizenz mehr. Bei den Frauen meldete Straubing Insolvenz an und beendete die Saison vorzeitig. Erfurt geht freiwillig in Liga zwei, dort will auch das Team aus Bayern weitermachen.
«Wir hatten immer damit gerechnet, dass es uns eher nach Corona trifft als während Corona, weil in der Phase die staatlichen Hilfsprogramme vieles kompensiert haben», sagt Daniel Sattler, Geschäftsführer der Volleyball Bundesliga (VBL). Während der Corona-Zeit hätten zudem viele Sponsoren den Clubs die Stange gehalten. «Das ist jetzt in der Energiekrise und unter den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen anders.» Es gelte nun für die Vereine, ein Mittelmaß zu finden zwischen Einsparungen und «in die richtigen Sachen zu investieren.»
Zudem hätte man etwa bei den Netzhoppers aber auch den Aufbau eines tragfähigen Managements ein Stück weit verpasst. Westphal will das nun ändern. «Ich trete für einen Neuanfang an und für eine Veränderung in der Managementführung und auch die Vision soll eine andere sein», sagt er. «Wir wollen jetzt viel, viel mehr mit jungen deutschen Spielern agieren, die auch wirklich aus der Region Königs-Wusterhausen kommen.»
An vielen anderen Stellen mehren sich allerdings auch die positiven Zeichen für die Ligen. «Wir haben in der Bundesliga der Männer, und das ist ein Erfolg, von dem wir vorher nicht zu träumen wagten, mit unserem Aufstiegs- und Entwicklungsprogramm vier Mannschaften aus der zweiten Liga auf einen Schlag zur kommenden Saison auf der Lizensierungsliste für die erste Liga», sagt Sattler. Die Baden Volleys SSC Karlsruhe, die FT 1844 Freiburg, der ASV Dachau und der VC Bitterfeld-Wolfen wollen nach oben – nachdem zuletzt oft selbst die Zweitligameister den Aufstieg abgelehnt hatten.
Erfolgsgeschichte der SVG Lüneburg
Die Liga hat das aktiv gefördert, indem sie die Bedingungen erleichtert hat, etwa bei der Hallensituation. Zudem können die Neuen zwei Jahre lang nicht absteigen und so sicher planen. Doch Sattler stellt auch klar, dass die Clubs ihre Entwicklung fortsetzen müssen. Nur so könnten sie sich dauerhaft in der Liga etablieren. Als Beispiel nennt er die Erfolgsgeschichte der SVG Lüneburg, die nach dem Umzug in eine größere Halle deutlich mehr Zuschauer anzieht und inzwischen eine sehr gute Rolle spielt.
Generell sind die Zuschauerzahlen nach der Corona-Krise wieder auf einem guten Niveau. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Streaming-Dienst Dyn soll der Liga bei der Reichweite und auch finanziell helfen, bei den Frauen die neue 2. Bundesliga Pro einen funktionierenden Auf- und Abstieg zwischen der ersten und zweiten Ebene fördern.
Und wenn die Netzhoppers in der ersten Liga bleiben, wären erstmals seit Jahren alle zwölf Plätze vergeben. «Momentan ist alles offen, und es ist noch keine Vorentscheidung gefallen», sagt Sattler. Westphal bleibt realistisch. «Ich bin optimistisch und ich habe viel Vertrauen, dass die Leute das wollen in der Region, dass die Politik das will und die Wirtschaft und die Unternehmen. Aber das muss jetzt unterfüttert und mit Leben gefüllt werden.»