Paradiesvogel Wright im «Ally Pally» der Gejagte
London (dpa) – Ein Verbandsboss könnte sich das alles nicht schöner ausdenken. Man nehme einen bunt gekleideten Paradiesvogel mit Irokesenschnitt, einen muskelbepackten Rugby-Rüpel und einen nicht minder provokanten ehemaligen Fliesenleger und lasse das Trio das ganze Jahr aufeinander los.
So geht das im Darts-Sport schon seit Jahren – und ab diesem Donnerstag (20.00 Uhr/Sport1 und DAZN) bei der WM mal wieder besonders. Peter Wright (Schottland) als Titelverteidiger, Gerwyn Price (Wales) als Nummer eins der Welt und Michael van Gerwen (Niederlande) als Topfavorit starten in allerbester Ausgangslage.
Doch das Trio, das ob seiner sportlichen Überlegenheit an die frühere Tennis-Spitze Rafael Nadal, Roger Federer und Novak Djokovic erinnert, bekämpft sich nicht nur an der Scheibe, sondern auch daneben. Verbale Scharmützel gehören für das Trio zur Show. «Die wahre Nummer eins bin ich, Gerwyn ist eine andere Nummer eins. Ich spiele nicht für diesen Status, sondern um bestmöglich Darts zu spielen. Ich weiß ja, dass ich zum Start des nächsten Jahres die Nummer eins bin, weil ich wieder Weltmeister werde», sagte Wright vor Beginn der WM der Deutschen Presse-Agentur.
«Snakebite» kennt keinerlei Zurückhaltung
Der Schotte, der ob des von seiner Frau aufgemalten Schlangenbisses «Snakebite» genannt wird, kennt keinerlei Zurückhaltung. Im Alexandra Palace wird der zuletzt von privaten Problemen geplagte Schotte der Gejagte sein, doch den Druck weist Wright weit von sich. Auf die Frage, wer auf dem Weg zu seinem dritten WM-Triumph der härteste Gegner sei, antwortete der 52 Jahre alte Titelverteidiger: «Das bin ich selbst. Wenn ich mit mir klarkomme, kann ich immer gewinnen.»
Wright bezeichnet die Rivalität der drei als «ernst», aber auch als geschäftsfördernd. «Das ist richtig gut für Darts, dass nicht ein Spieler vorne wegrennt und alle Turniere gewinnt. Das macht unseren Sport attraktiver», sagte Wright. Doch da auch Price und van Gerwen recht selbstgefällig auftreten, erinnert der Trashtalk des Trios manchmal mehr an eine geskriptete Show – fast wie beim Wrestling, nur ohne vorgeschriebenen sportlichen Ausgang.
Vor ein paar Jahren gab es zwischen Wright und dem früheren Rugby-Spieler Price mal Ärger, weil dieser beim WM-Duell so kurz mit seinem Wurf wartete, dass er den von der Scheibe wegtretenden Wright beinahe am Kopf traf. Eine echte Eskalation blieb bislang aber aus.
Van Gerwen steht seinen Rivalen auch verbal in nichts nach. Der 33-Jährige dominierte die Szene jahrelang und steht diesmal besonders im Blickpunkt, nachdem ihn letztes Jahr ein positiver Corona-Test zur ungünstigsten Zeit aus dem Turnier nahm. «Das ist das größte Ding des Jahres. Ich bin zurück auf meinem Weg und gehe selbstbewusst in das Turnier», sagte van Gerwen, der in diesem Jahr vier große Majors für sich entschied.
«Hatte ein phänomenales Jahr»
«Ich hatte ein phänomenales Jahr. Meine Major-Titel sind aber Geschichte, ich will jetzt den nächsten Pokal», sagte «Mighty Mike». Die Sid Waddell Trophy, die es am 3. Januar für den nächsten Weltmeister gibt, ist nicht nur 25 Kilogramm schwer, sondern bringt auch ein Preisgeld von 500.000 Pfund (rund 580.000 Euro) mit sich. Auch viele Kollegen aus dem Darts-Circuit haben keine Zweifel, dass der Weg im «Ally Pally» nur über van Gerwen führt. «Er ist in herausragender Form. Alle Statistiken sprechen für ihn», sagte Deutschlands Profi Max Hopp.
Van Gerwen hält es für legitim, das Pfeile-Trio mit Djokovic, Nadal und Federer zu vergleichen. Wenn man den Glatzkopf mit dem grellgrünen Shirt allerdings fragt, wer von den drei Top-Profis der Beste sei, reagiert der Niederländer fast pikiert. «Ist das eine Frage? Was denkt Ihr denn? Schaut auf die Ergebnisse. Ich spiele aktuell die besten Darts von uns drei», sagte van Gerwen. Doch damit nicht genug. Er fügte an: «Ich denke, dass auch Michael Smith aktuell bessere Darts spielt als die anderen beiden.» Smith war 2019 und 2022 WM-Zweiter und ist aktuell die Nummer vier der Welt.