Protz oben, Krokodile unten: Darts im Zeichen der Price-Jagd
Bei der Protzerei kennt Gerwyn Price keine Grenzen. Der muskelbepackte Waliser ist schon ganz oben angekommen, doch das reicht Price nicht.
«Gebt mir noch zwei oder drei Jahre mehr, dann werde ich noch viel dominanter sein. Auch wenn ich jetzt schon Weltmeister und Ranglistenerster bin», sagte Price, der als Quereinsteiger vom Rugby an die Darts-Scheibe kam und vor dem WM-Beginn am 15. Dezember (20.00 Uhr/Sport1 und DAZN) als Topfavorit auf ein Preisgeld von 500.000 Pfund (etwa 585.000 Euro) und die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy gilt.
Price: «Ich versuche einfach gut Darts zu spielen»
Price gegen alle! So lautet das Motto, wenn vor vollen Rängen und Partykulisse der Wahnsinn in den Londoner Alexandra Palace zurückkehrt. Der Schotte Peter Wright, im vergangenen Jahr als grüner Weihnachtsgrinch verkleidet, und der langjährige Primus Michael van Gerwen aus den Niederlanden gelten als härteste Widersacher des Walisers, doch Price macht sich darüber keine Gedanken.
«Ich mache mir keine Sorgen über Michael, über Peter oder über irgendjemanden. Ich versuche einfach gut Darts zu spielen und wenn das gelingt, gewinne ich 95 Prozent der Spiele», sagte Price. Das WM-Finale würde er nach eigener Aussage gerne gegen den stärkstmöglichen Gegner gewinnen. Van Gerwen lässt solche Attacken natürlich nicht unkommentiert. «Wenn ich mein A-Game spiele, kann mir niemand gefährlich werden», sagte der Niederländer dem Fachportal «Checkout – Der Darts-Podcast».
«The Iceman» könnte auf Fallon Sherrock treffen
Für den Weltverband PDC und die Organisatoren ist Price ein Glücksfall. Mit seiner markanten Erscheinung und dem selbstherrlichen Auftreten polarisiert der 36-Jährige, auf der Bühne heizt der Muskelprotz die mitunter als Krokodil, Banane oder Super Mario verkleideten Fans mit seinen lauten und schrillen Schreien gerne an. Häufig wird Price auch ausgepfiffen. «Ich hoffe, dass ich zumindest den Respekt bekomme, den ich verdiene», sagte Price bei Sky Sports.
Noch weit bevor «The Iceman», wie Price genannt wird, im Finale am 3. Januar auf Paradiesvogel Wright oder den früheren Fliesenleger van Gerwen treffen könnte, lauert in Runde drei eine besonders heikle Partie. Price als bester Mann der Welt könnte es mit Fallon Sherrock, der besten Darts-Frau, zu tun bekommen.
Die 27 Jahre alte Engländerin ist es aber leid, auf diese Rolle reduziert zu werden, wie es nach den jüngsten Erfolgen beim Grand Slam geschehen ist. «Ich bin eine professionelle Darts-Spielerin und keine Kuriosität. Letztendlich nehme ich an Darts-Veranstaltungen teil, die für alle offen sind und nicht als Frau in einem Männer-Event», sagte Sherrock der dpa. Vor zwei Jahren hatte sie als erste Frau einen Mann besiegt und die dritte WM-Runde erreicht.
Die Deutschen mit Youngster Schmutzler im Fokus
Deutschland muss bislang auf den ganz großen Durchbruch beim wichtigsten Turnier des Jahres warten. Gabriel Clemens bezwang im Vorjahr Titelverteidiger Wright und schied als erster deutscher Achtelfinal-Teilnehmer in einem Krimi gegen den Polen Krzysztof Ratajski aus. «Der Weg geht weiter Schritt für Schritt nach oben, ich bin jetzt ein gutes Jahr konstant in den Top 32 und habe meine Position gefestigt», sagte Clemens bei Spox. Der Saarländer startet diesmal erst am 23. Dezember ins Turnier.
Ganz besonders im Fokus stehen dürfte Youngster Fabian Schmutzler, der mit 16 Jahren als zweitjüngster Spieler der WM-Geschichte an den Start geht. Übersteht Schmutzler sein Auftaktmatch gegen Englands Ryan Meikle, ist er nicht nur der jüngste Sieger eines WM-Spiels, sondern bekommt als Bonus auch noch ein Zweitrundenmatch gegen den Schotten Wright. «Gegen ihn spielen zu dürfen, wäre schon echt fett. Er stiftet Party an, das ist megacool», sagte Schmutzler, der für seinen Einsatz im «Ally Pally» in der Heimat Frankfurt drei Tage schulfrei bekommen hat.
Neben Clemens und Schmutzler sind auch der ehemalige Handballer Florian Hempel und Martin Schindler in London dabei. Die beiden Trainingskollegen wurden einander direkt für das Erstrundenduell zugelost. «Es war eine komische Situation. Da spielt man das ganze Jahr gegeneinander, nur um dann wieder den gleichen Gegner zu bekommen. Ich glaube, spielerisch haben wir es beide drauf. So kann es nur einen geben – leider», sagte Schindler. Es wird das zweite deutsche Duell bei der WM werden. Im Vorjahr hatte Clemens sein Duell mit Nico Kurz mit 3:1 für sich entschieden.