Sabine Tschäge ist neue Deutschland-Achter Bundestrainerin. Das erfolgsverwöhnte Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) will in neuer Besetzung zurück zu alter Schlagkraft finden. Foto: Roland Weihrauch/dpa

Schwierige Mission: Achter auf Suche nach alter Schlagkraft

Dortmund (dpa) – Eine neue Trainerin, ein neuer Schlagmann und zwei Umbesetzungen – dem Deutschland-Achter steht die wohl kniffligste Mission seit Jahren bevor.

Nach dem enttäuschenden siebten WM-Rang im vergangenen September geht die Sorge um, dass das über Jahre erfolgsverwöhnte Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris verpassen könnte. 

Ein solches für die Sportart düsteres Szenario will die seit März tätige Sabine Tschäge unter allen Umständen abwenden. «Wir alle fiebern der neuen Saison entgegen. Wir werden kämpfen und wollen nicht nur nach Paris, sondern wir wollen auch den Kontakt zu den Medaillenplätzen wieder herstellen», sagte die 52 Jahre alte Achter-Trainerin voller Hoffnung auf eine Rückkehr der Crew vom Dortmunder Stützpunkt zu alter Schlagkraft.

Erste Frau, die sich dieser Aufgabe stellt

Die nach dem Gewinn der olympischen Silbermedaille mit dem Leichtgewichts-Männer-Zweier in Tokio als DOSB-Trainerin des Jahres 2021 ausgezeichnete Tschäge ist die erste Frau, die sich dieser im Rudersport exponierten Aufgabe stellt. Mit der Nachfolgerin von Uwe Bender, der das Großboot seit 2017 erfolgreich gecoacht hatte und aus gesundheitlichen Gründen einstweilen nicht mehr als Trainer zur Verfügung steht, sind in der Verbandsspitze viel Hoffnungen verbunden. 

Die hohen Erwartungen können Tschäge nicht schrecken: «Ich mag solche Herausforderungen. Mich hat es generell stolz gemacht, dass ich den Achter trainieren darf – unabhängig davon, dass ich das als erste Frau machen darf.» Auf der Suche nach einer Crew, die bei der WM im September den für die direkte Olympia-Qualifikation nötigen fünften Platz schaffen kann, hat Tschäge das im Vorjahr umfassend umgebaute Team moderat verändert.

Mit Marc Kammann (Hamburg) und Max John (Rostock) kommen lediglich zwei neue Ruderer dazu. Es überrascht aber, dass sich mit Kammann einer der beiden Neulinge gleich als Schlagmann beweisen darf. Steuermann Jonas Wiesen (Treis-Karden) bewertete die ersten Wochen im neuen Boot positiv: «Das Konstrukt ist gefestigter als 2022. Inzwischen sind viele Dinge automatisiert.»

Fortschritte nicht nur beim Achter

Eine frühe internationale Standortbestimmung steht Ende Mai bei der EM in Bled (Slowenien) an, wo es zum Kräftemessen mit Weltmeister Großbritannien und dem WM-Zweiten aus den Niederlanden kommt. Weitere Starts vor der WM sind bei den Weltcups in Varese (16. bis 18. Juni) und Luzern (7. bis 9. Juli) geplant. «Die Olympia-Qualifikation hat oberste Priorität», sagte Tschäge und warb um Geduld für die im Schnitt 24,7 Jahre alte Crew.  

Bundestrainerin Brigitte Bielig sieht nicht nur beim Achter, sondern auch bei der restlichen DRV-Flotte Fortschritte. Nach dem historisch schlechten WM-Auftritt im vergangenen Jahr hofft sie auf möglichst viele Paris-Tickets in den 14 olympischen Bootsklassen.

«2022 war ein sehr schwieriges Jahr für uns alle. Aber mein Eindruck ist, dass wir Schritte nach vorn gemacht haben. Es ist viel passiert im Herbst und Winter», sagte die Dresdnerin. Für die Zeit nach den Olympischen Spielen in Paris stellte die seit 1990 für den DRV tätige dienstälteste Trainerin einen Rückzug in den Ruhestand in Aussicht: «Ich denke, nach 2024 ist Schluss.»