«Unfassbar»: Teenager Schmutzler und sein Ally-Pally-Märchen
Am Tag nach dem kleinen Pfeile-Wunder musste Fabian Schmutzler wieder ganz normal zur Schule.
Das Ticket in die große Darts-Welt hat der 16 Jahre junge Frankfurter am Wochenende zwar sensationell gebucht, doch sein Schüleralltag bis zum WM-Turnier im Londoner Alexandra Palace (15. Dezember bis 3. Januar) soll möglichst störungsfrei weitergehen.
«Leute, ich komme einfach nicht mehr hinterher. Danke für alle Glückwünsche. Einfach unfassbar», teilte Schmutzler über die sozialen Medien mit. Hunderte Gratulationen hatten den Teenager bis dato erreicht, nachdem dieser auf unglaubliche Art und Weise das WM-Ticket geschafft hatte.
Ein Traum wird wahr
«Mit dem Alexandra Palace verbinde ich einen Traum. Es war schon immer ein Traum von mir, da zu sein. Nicht nur als Spieler, auch als Zuschauer wäre ich gerne einmal dort gewesen», sagte der Frankfurter Youngster der Deutschen Presse-Agentur. Nun selbst dort antreten zu können, begeistert Schmutzler, der die zehnte Klasse eines Gymnasiums besucht. «Es ist die größte Bühne des Darts. Es ist das Nonplusultra von allem, was es gibt.»
Im legendären «Ally Pally» dürfte «The Fabulous Fab», wie Schmutzler genannt wird, früh genug in eine ganz neue Welt eintauchen: als zweitjüngster Spieler der WM-Geschichte wird der Youngster debütieren, möglich sind direkt zum Auftakt Duelle mit ehemaligen Weltmeistern wie Adrian Lewis oder Raymond van Barneveld.
Gewinnt Schmutzler ein Spiel, wird er dies als jüngster Akteur der Turnierhistorie geschafft haben. «Das ist ein fetter Einstieg. Die Reise wird losgehen. Mal sehen, wie er das handhabt», sagte Darts-Experte Elmar Paulke. Für ihn hat Schmutzler schon vor seinem ersten Wurf in der britischen Hauptstadt «Geschichte geschrieben».
Schmutzler nach Quali-Märchen: «Einfach froh»
Die Geschichte des vergangenen Wochenendes verlief tatsächlich ein Stück weit märchenhaft: Schmutzler, im Oktober erst 16 geworden, durfte im hessischen Niedernhausen zum ersten Mal bei einem Turnier des Weltverbandes PDC spielen. Bei der sogenannten Development Tour wird ein WM-Ticket ausgespielt – Schmutzler holte es sich, obwohl er sechs von zwölf Turnieren verpasste, weil er im August noch nicht das erforderliche Mindestalter von 16 erreicht hatte. «Ich habe mit null Pfund angefangen und bin soweit gekommen, dass ich mich für die WM qualifiziert habe. Das ist unfassbar. Ich bin einfach froh darüber», sagte Schmutzler, der am Montag immer noch überwältigt wirkte.
Auch sein Mentor René Eidams war begeistert. «Ich würde schon sagen, dass das ein Ausnahmetalent ist. Er ist ein so intelligenter Mensch. Er ist ganz anders als viele andere Darts-Spieler.» Eidams ist selbst Darts-Spieler. Auf Schmutzler und sein Umfeld wartet nun ein schwieriger und heikler Spagat: Einerseits ist die Tür zu einer großen Karriere mit der WM-Quali weit offen, andererseits ist der Hesse noch extrem jung.
Und: Der Sprung kommt von null auf hundert, niemand hätte mit einer solchen Leistungsexplosion gerechnet. «Dass es so schnell geht, das war schon enorm», ordnete Eidams ein. Satte 6000 Pfund (7000 Euro) erspielte Schmutzler am Wochenende, alleine die Teilnahme in London bringt ihm eine weitere große und für Teenager ungewöhnliche Summe ein. Dazu kommen: ein riesiger Schub an Aufmerksamkeit und immer mehr Medienanfragen, die seine Familie und Eidams erst einmal in aller Ruhe koordinieren wollen. Bloß nicht den Jugendlichen nach einem Traum-Wochenende verheizen, lautet das Motto.
Hopp glaubt an Potenzial von Schmutzler
Max Hopp ging es damals ähnlich. Auch er spielte mit 16 zum ersten Mal bei der WM. Medien und Fans träumten vom deutschen Weltmeister, jeder wollte ein Stück vom Wunderkind abhaben. Doch Hopp wurde der Hype zu viel, er nahm sich im Lauf der Jahre zurück, verordnete sich selbst Mediensperren und wählte sehr dosiert aus, welche Anfragen er noch beantwortet. Auch Hopp gratulierte nun Schmutzler, zollte «Respekt» und attestierte «massig Potenzial». Darts-Deutschland entwickle sich «prächtig in letzter Zeit». Hopp selbst, inzwischen 25, ist seither nicht Weltmeister geworden, sondern kämpft aktuell um ein Ticket für die WM 2022.
In Schmutzler, Weltmeister-Besieger Gabriel Clemens, Martin Schindler und Florian Hempel stehen bereits vier deutsche Teilnehmer für den Jahreshöhepunkt fest. Für PDC-Europe-Chef Werner von Moltke ist das ein großer Erfolg. «Deutsche Spieler bei der WM bringen eine ganz andere mediale Aufmerksamkeit. Diese Auftritte werden immer intensiv verfolgt», sagte der Funktionär der dpa. Von Moltke nannte den Coup von Schmutzler «ein kleines Märchen» und fügte an: «Das hat uns alle wie der Blitz getroffen, aber wir sind sehr, sehr glücklich.»