Mittwoch, Oktober 9, 2024
Steht unter Manipulationsverdacht: Yan Bingtao. Foto: Christoph Soeder/dpa

Schmutz am Snooker-Tisch: Betrugsvorwürfe begleiten WM

Sheffield (dpa) – Wenn im altehrwürdigen Crucible Theatre von Sheffield das größte und wichtigste Snooker-Turnier der Welt beginnt, wird es diesmal nur bedingt um Sport gehen.

Die Jagd nach Maximumbreaks und der WM-Krone könnte 2023 überschattet werden vom möglicherweise größten Manipulationsskandal in der Geschichte der Sportart. Zehn chinesische Spieler und seit knapp einem Monat auch der Engländer Mark King sind derzeit wegen Manipulationsvorwürfen gesperrt. Es geht um möglicherweise verschobene Spiele und absichtlich verschossene Bälle, aber auch um Mitwisser und Spielsucht.

Die Ermittlungen laufen, die Verfahren stehen – ausgerechnet während der am Samstag (11.00 Uhr/Eurosport) beginnenden WM – bevor. Der Saubermann-Sport hat schon jetzt ordentlich Schmutz abbekommen. «Wenn es solche Skandale gibt wie derzeit im Snooker, ist das eine immense Rufschädigung. Das kann man nicht wegdiskutieren», sagte Experte Rolf Kalb der Deutschen Presse-Agentur. Zumal nicht nur unbekannte Profis betroffen sind, wie die Beispiele King und Yan Bingtao, ehemaliger Masters-Sieger, zeigen.

Auffällige Wettmuster und Quotierungen

Neben Bingtao richten sich die Vorwürfe auch gegen neun weitere chinesische Spieler, von denen der noch immer unter den besten Zehn der Rangliste geführte Zhao Xintong der bekannteste ist. Öffentlich haben sie sich nach der Suspendierung bislang nicht geäußert.

Jason Ferguson als Verbandschef der World Professional Billiards and Snooker Association (WPBSA) hat drastische Konsequenzen angekündigt – und mit emotionalen Worten auf die Entwicklung reagiert. «Es ist eine herzzerreißende Situation für diejenigen von uns, die sich schon lange mit dem Sport beschäftigen und daran gearbeitet haben, ihn zu dem großartigen Sport zu machen, der er ist», sagte Ferguson. 

Unterschiedliche Reaktionen

Die Reaktionen der Stars fielen höchst unterschiedlich aus. Der siebenmalige Weltmeister Ronnie O’Sullivan, der in Sheffield um seinen historischen achten Titel kämpft, relativierte: «Bevor man anfängt, die Beteiligten zu kritisieren, muss man sich erst in die Lage anderer Leute versetzen.» Es gebe eigentlich nur zwei Gründe für derartige Aktionen: Entweder Spielsucht, die der Engländer King vor Jahren bereits einmal öffentlich eingestand. Oder der Kampf, finanziell über die Runden zu kommen. 

«The Rocket», wie O’Sullivan genannt wird, ging nach den Veröffentlichungen im Januar noch weiter und sagte zu dem Thema Betrug im Sport: «Ich bin sicher, dass es im Fußball, Tennis und Golf auch passiert ist, und es hat nicht geschadet.» Andere Akteure reagierten wesentlich energischer. Ex-Weltmeister Shaun Murphy sprach von einer Enttäuschung und einem Missbrauch des Vertrauens, sollten sich die Vorwürfe erhärten. «Das sind Leute, denen du vor Spielen die Hand geschüttelt hast, und sie haben dich betrogen. Das hinterlässt ein echtes Gefühl der Leere», sagte Murphy.

Snooker-Kommentator Kalb geht – zunächst im Fall der betroffenen Chinesen – von längeren Sperren aus. «Da sofortige Sperren ausgesprochen wurden und die Spieler keinen Widerspruch eingelegt haben, gehe ich davon aus, dass das gravierende Vorwürfe sind. Ich erwarte, dass es bei einigen sehr lange Sperren geben wird.» Der Fall King kam später an die Öffentlichkeit und soll dementsprechend später verhandelt werden.

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