Keine Lust aufs IOC: Darts-Boss schimpft massiv auf Olympia
London (dpa) – Olympia? Nein, danke! Die Darts-Bosse haben entgegen der Hoffnungen ihrer Stars ihr völliges Desinteresse an einer Aufnahme ins olympische Programm bekräftigt und das Internationale Olympische Komitee (IOC) schwer kritisiert.
Werner von Moltke als Geschäftsführer der PDC Europe verwendete besonders scharfe Worte mit Blick auf die Macher. «Olympia ist ein Verbrechen. Die beteiligten IOC-Mitglieder machen sich alle die Taschen voll, und die Darsteller kriegen nichts. Sie müssen danach hart kämpfen, dass sie über Sponsoren durchkommen», sagte von Moltke der Deutschen Presse-Agentur.
Da das IOC die Spiele immer jünger und moderner machen will, gibt es immer wieder Gerüchte über eine mögliche Aufnahme von Darts. Diese werden auch von den Profis befeuert. Starspieler Michael van Gerwen aus den Niederlanden sagte vor der derzeit in London laufenden WM der «Sport Bild»: «Wenn Schießen olympisch ist, warum dann nicht auch Darts?» Er wisse zwar, dass «das Körperliche fehlt. Aber mental ist Darts härter als alle anderen Sportarten. Es ist ein Eins-gegen-Eins-Kampf, Match für Match.»
«Nichts, woran wir Interesse haben»
Die Profis mögen teilweise von Goldmedaillen, olympischen Ringen und dem einzigartigen Ruhm träumen. Die Bosse sehen das ganz anders. Nicht nur von Moltke, sondern auch Matthew Porter als PDC-Boss erteilt dem Thema eine klare Absage: «Nein, das ist nichts, woran wir Interesse haben. Wir sind eine Firma und kein klassischer Verband. Es ist schwierig, weil es bei uns mit PDC und WDF zwei Organisationen gibt. Ich sehe da keine realistischen Chancen. Ich glaube auch nicht, dass es dem Darts-Sport groß etwas bringen würde.»
Die komplizierte Verbandssituation ist nicht das einzige Hindernis. Die PDC und die PDC Europe haben in den vergangenen Jahren eine Show nach ihren Regeln geschaffen. Dabei soll es gerne bleiben. «Wir lassen uns da nicht reinreden. Wir wollen nichts vorgeben oder einen Kader nominieren. Das wollen wir nicht, das ist eine Anmaßung», sagte von Moltke.
Der Sohn des früheren Top-Leichtathleten Werner von Moltke ist überzeugt, dass der Sport in professionelle Hände gehört. «Und dort wird Geld verdient: NFL, NBA, Formel 1 – private Organisationen. Das ist am Ende das Ehrlichste.» Für von Moltke gibt es «nirgendwo» eine größere Korruption als im Weltsport. Über das IOC und seine Arbeit verliert der Darts-Boss kein positives Wort. Die olympischen Kernsportarten Leichtathletik, Schwimmen und Turnen spielen für von Moltke «keine Rolle mehr».
Das IOC zahlt Olympiasiegern zwar keine Prämie, reicht laut eigener Geschäftsberichte aber 90 Prozent der Einnahmen in Milliardenhöhe an die internationalen Sportverbände und die Nationalen Olympischen Komitees weiter. Allein der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat zwischen den Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 und Tokio fünf Jahre später 30 Millionen Euro aus den Quellen des IOC erhalten.
Profis pochen auf Chance bei Olympia
Die Diskussion um Darts und Olympia kommt immer wieder auf, häufig ist es rund um die WM in London und vor einem olympischen Jahr so weit – so wie jetzt. «Es ist ein Thema, das uns überhaupt nicht beschäftigt. Es wird oft von Dritten an uns herangetragen. Ich werde mich keine Minute mit diesem Thema beschäftigen», sagte von Moltke, der jüngst bei einer Pressekonferenz mit dem deutschen Primus Gabriel Clemens bereits öffentlichkeitswirksam gegen Olympia und das IOC wetterte.
Die WDF als Weltverband wäre für eine mögliche Aufnahme der Ansprechpartner, doch die besten Spieler der Welt sind allesamt bei der PDC aktiv. Das macht es zusätzlich kompliziert. Die Profis sind überzeugt, dass eine Berücksichtigung ihre Berechtigung hätte. «Darts hat das Potenzial, olympisch zu werden. Es ist ja auch ein sehr anspruchsvoller und anstrengender Sport», sagte Martin Schindler.
Primus Michael Smith sieht es genauso. «Darts sollte schon dort sein. Du willst Weltmeister werden, du willst eine Goldmedaille gewinnen, du willst an den Olympischen Spielen teilnehmen», sagte der Engländer. Die Bosse sehen das offensichtlich ganz anders.