Deutsche Gold-Hoffnungen: Frauen haben die Nase vorn
Berlin (dpa) – Mehr als 420 Starterinnen und Starter schickt der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nach Paris. Die wenigsten von ihnen werden mit einer olympischen Goldmedaille zurückkehren. Bei den Spielen in Tokio 2021 wurde zehnmal die deutsche Hymne gespielt. Wer aber sind die heißesten Anwärter im Team D auf einen Olympiasieg in Frankreichs Hauptstadt? In der Prognose laufen die Frauen den Männern den Rang ab.
Bahnradsport
Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich: Nach vier WM-Titeln in Serie soll den deutschen Teamsprinterinnen nun auch bei Olympia der große Coup gelingen. Emma Hinze, Lea Sophie Friedrich und Pauline Grabosch sind die großen Favoritinnen im Team-Wettbewerb. «Das ist noch unser Ziel, was wir erreichen wollen», sagt Hinze, die 2021 in Tokio zusammen mit Friedrich Silber gewonnen hat. Damals wurde der Teamsprint noch mit nur zwei Fahrerinnen ausgetragen, inzwischen gehen auch die Frauen als Trio an den Start. Hinze und Friedrich zählen auch zu den Medaillenkandidatinnen in den Einzel-Wettbewerben Keirin und Sprint.
Basketball
Männer: Sensationell krönte sich die deutsche Auswahl um ihren Kapitän und Anführer Dennis Schröder im vorigen Jahr in Asien erstmals zum Weltmeister und bezwang auf dem Weg zum Titel im Halbfinale auch die Auswahl der USA. Die Amerikaner schicken allerdings ein mit Stars geschicktes Team nach Frankreich, wo auch die Gastgeber ganz weit vorn landen wollen. Bundestrainer Gordon Herbert würde sich nach EM-Bronze 2022 und WM-Gold 2023 gern mit einer weiteren Medaille verabschieden. Profis wie Schröder, die Wagner-Brüder und Daniel Theis wollen mit ihrer Erfahrung aus der nordamerikanischen NBA helfen.
Bogenschießen
Frauen-Team: Das Trio mit Katharina Bauer, Charline Schwarz und Michelle Kroppen geht als Weltmeister an den Start. Nach Bronze in Tokio, der ersten Team-Medaille überhaupt bei Olympia, soll nun der große Coup gegen Topfavorit Südkorea folgen. «Es ist auf jeden Fall Selbstbewusstsein, was wir uns als Team über die letzten Jahre erarbeitet haben, es zeigt uns auf jeden Fall, es ist möglich. Und letztendlich geht es darum, es auch abrufen zu können. Ob wir es schaffen, liegt in dem Moment auch in unserer Hand», sagte Schwarz.
Fußball
Frauen-Team: Die DFB-Auswahl um Kapitänin Alexandra Popp, die schon 2016 in Rio de Janeiro beim Gold-Triumph auf dem Rasen stand, will um die Medaillen mitspielen. Bundestrainer Horst Hrubesch gewann damals mit der deutschen U21 Silber und schwärmt von der Atmosphäre im olympischen Dorf. Da muss sein Team aber erst mal hinkommen: Die Vorrundenspiele gegen Australien und USA finden in Marseille statt, das gegen Sambia in Saint-Étienne. Europameister England fehlt. Zu den Favoriten zählen die Weltmeisterinnen aus Spanien, die USA, die Gastgeberinnen aus Frankreich und Kolumbien.
Hockey
Herren und Damen: Beide deutschen Hockey-Teams sind Anwärter auf Olympia-Gold. Die Herren sind Weltmeister. «Wir haben ein Team, das auch an die großen Töpfe greifen kann. Aber es ist wahnsinnig eng. Fünf, sechs Nationen können Gold gewinnen. Es werden sicherlich die engsten Spiele überhaupt», sagte Bundestrainer André Henning. In Top-Form sind derzeit auch die deutschen Damen, die in der abgelaufenen ProLeague-Saison Zweiter wurden und neben den Niederländerinnen zu den stärksten Teams zählen.
Kanurennsport
Männer-Quartett: Der Kajak-Vierer der Männer ist das deutsche Paradeboot. Den Gold-Coup von Tokio zu wiederholen, ist das klare Ziel in Paris. Da der Zeitplan diesmal anders ist, kann die Vierer-Besatzung nun auch im Kajak-Zweier starten, womit die Medaillenchancen auch dort steigen. Im Canadier-Zweier paddeln Peter Kretschmer und Tim Hecker um die Medaillen mit. Zudem will der dreimalige Olympiasieger Sebastian Brendel im Einer-Canadier bei seinen vierten Spielen eine weitere Medaille holen.
Kanuslalom
Ricarda Funk: Die 32-Jährige, die in Tokio das erste deutsche Olympia-Gold holte, ist auch in Paris Mitfavoritin im Kajak der Frauen. Bei den Männern ist der routinierte Sideris Tasiadis immer für eine Überraschung gut. Nach Silber in London 2012 und Bronze in Tokio 2021 fehlt ihm nur noch Gold in der Olympia-Sammlung.
Leichtathletik
Malaika Mihambo und Leo Neugebauer: Die Ausnahme-Weitspringerin und der in den USA beheimatete Zehnkämpfer führen die Jahresweltbestenliste in ihren Disziplinen an und sind damit der Gold-Standard. 7,22 Meter sprang die 30-Jährige Anfang Juni in Rom bei ihrem zweiten EM-Sieg. Danach folgten eine Corona-Infektion, die Startabsage für die deutschen Meisterschaften und ein langsamer Wiederbeginn. Reicht das fürs zweite Olympia-Gold nach Tokio 2021? Der 23-jährige Neugebauer gewann bei den US-College-Meisterschaften in Eugene im US-Bundesstaat Oregon mit dem deutschen Rekord von 8961 Punkten.
Pferdesport
Jessica von Bredow-Werndl und Michael Jung: Die deutschen Reitsport-Teams sind seit Jahrzehnten Medaillengaranten und gehören mit den Mannschaften in den Disziplinen Vielseitigkeit, Dressur und Springen zu den Favoriten. Gold-Kandidaten im Einzel sind vor allem Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera, die in Tokio für das einzige deutsche Doppel-Gold gesorgt hatte, und der Vielseitigkeitsreiter Michael Jung mit Chipmunk. Springreiter Richard Vogel sagt: «Die Erwartungshaltung in Deutschland ist, dass wir eine Team-Medaille nach Hause bringen.»
Rhythmische Sportgymnastik
Darja Varfolomeev: Mit harter Arbeit, Anmut und Grazie hat sich die 17-Jährige aus Schmiden in die Weltspitze katapultiert. Die Schülerin gewann im vorigen Jahr alle fünf Weltmeister-Titel in den Einzelentscheidungen – darunter auch im Mehrkampf, dem einzigen olympischen Wettbewerb. Nachdem sie sich bei den deutschen Meisterschaften im Vierkampf aus Ball, Reifen, Ring und Keulen ihrer Trainingskollegin Margarita Kolosov aus Potsdam geschlagen geben musste, bewies sie mit dem Weltcup-Sieg zuletzt in Mailand aufsteigende Form.
Rudern
Oliver Zeidler: Welt- und Europameister ist er schon. Mit einem Olympiasieg im Einer will Oliver Zeidler seine Medaillensammlung komplettieren. Vor dem Saisonhöhepunkt gab es für den sieggewohnten 27-Jährige aber einen Dämpfer. Bei der Generalprobe für Paris musste er sich auf Luzerner Rotsee seinem ärgsten Widersacher Simon van Dorp aus den Niederlanden geschlagen geben. Das verstärkt den Ehrgeiz: «Mein ultimatives Ziel ist es, in Paris in der besten Form meines Lebens zu sein.»
Schwimmen
Florian Wellbrock und Lukas Märtens: Im Schwimmen gibt es in diesem Jahr gleich mehrere Gold-Kandidaten. Florian Wellbrock hat im Becken vor allem über 1500 Meter Freistil Chancen, es nach ganz oben auf das Podest zu schaffen. Sein Magdeburger Teamkollege Lukas Märtens hält über 400 Meter Freistil die Weltjahresbestmarke und zählt damit zu den Topfavoriten. Angelina Köhler gehört als Weltmeisterin über 100 Meter Schmetterling zu den Medaillenkandidatinnen. Im Freiwasser kann Wellbrock seinen Olympia-Triumph von Tokio wiederholen. Bei den Frauen hat Leonie Beck, Doppel-Weltmeisterin von 2023, ebenfalls gute Gold-Chancen.
Segeln
Sebastian Kördel: Der Hamburger zählt im neu-olympischen iQFoil zu den deutschen Hoffnungen. 2022 war der 33-Jährige Weltmeister, 2023 WM-Zweiter. «Ich muss mich mit meinem Speed nicht verstecken, habe keine Limits in bestimmten Bereichen. Ich will um eine Medaille kämpfen und weiß, dass ich alle schlagen kann», sagte Kördel. Deutschland ist wie Frankreich und Großbritannien in allen zehn olympischen Klassen dabei.
Simon Diesch und Anna Markfort: Das Duo hat sich im ebenfalls neu-olympischen 470er-Mixed in der härtesten nationalen Olympia-Ausscheidung durchgesetzt. «Wir wollen eine Medaille. Wir wollen Gold. Wir wissen, dass wir das Potenzial dazu haben, aber natürlich gehört bei einem Segelwettbewerb vieles dazu», meinte die 31-jährige Markfort über die Ziele mit ihrem zwei Jahre jüngeren Partner.
Sportschießen
Ein Trio: Favoriten im Kampf um Gold sind vor allem Weltmeisterin Doreen Vennekamp mit der Sportpistole über 25 Meter. Auch Anna Janßen geht als Weltranglisten-Erste mit dem Luftgewehr als Mitfavoritin an den Start. In der neuen Disziplin Mixed-Team hat sie auch mit Maximilian Ulbrich gute Medaillenchancen. Fast schon wie gewohnt ist der erfahrene Christian Reitz im Favoritenkreis. Der Olympiasieger von 2016 in Rio und Dritte von 2008 in Peking ist erneut mit der Schnellfeuerpistole dabei.
Tennis
Alexander Zverev: Deutschlands einziger Einzel-Olympiasieger kann erneut Geschichte schreiben. Mit einem Triumph in Paris kann der 27 Jahre alte Hamburger dem Briten Andy Murray folgen, der als einziger zweimal Olympia-Gold (2012, 2016) gewonnen hat. Dass ihm die Sandplätze im Stade Roland Garros liegen, hat Zverev mit dem Finale der jüngsten French Open bewiesen – wenngleich er Carlos Alcaraz aus Spanien unterlag. Wie weit er kommt, könnte auch von seinem in Wimbledon lädierten linken Knie abhängen.
Turnen
Lukas Dauser: Der Barren-Spezialist aus Unterhaching mit Wohn- und Trainingsort Halle/Saale ist Weltmeister an diesem Gerät und damit auch Gold-Anwärter für Paris. Nach dem Gewinn von Silber bei den Spielen in Tokio stieg er mit der deutschen Fahne auf die beiden Holme. Den Ausscheidungswettkampf musste der 31-Jährige wegen einer Muskelverletzung abbrechen, nach einem Belastungstest gab es von den Ärzten die Freigabe.