Im Schatten des Krieges: Paralympics in Peking eröffnet
Überschattet vom Ukraine-Krieg haben die Paralympischen Winterspiele in Peking begonnen.
Nach dem Ausschluss von Russland und Belarus zogen nur 46 Mannschaften zur Eröffnungsfeier ein – unter starkem Applaus die Athleten aus der Ukraine, die zum Teil eine viertägige Odyssee aus ihrer vom Krieg erschütterten Heimat hinter sich hatten. Mit offensichtlicher Kritik an Russland sagte Paralympics-Präsident Andrew Parsons in einer leidenschaftlichen Rede: «Das 21. Jahrhundert ist eine Zeit für Dialog und Diplomatie, nicht Krieg und Hass.»
«Wir streben nach einer besseren und stärkeren inklusiven Welt, frei von Hass und Ignoranz, frei von Konflikten und Auseinandersetzungen», rief der Brasilianer in das «Vogelnest» genannte Nationalstadion. Ohne Regung erklärte anschließend Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die 13. Winter-Paralympics um 21.02 Uhr (14.02 MEZ) für eröffnet. Um 21.33 Uhr (14.33 Uhr MEZ) wurde die Flamme entzündet.
Forster und Fleig tragen deutsche Fahne
Für das 17 Sportler starke Team aus Deutschland trugen Monoskifahrerin Anna-Lena Forster und Biathlet Martin Fleig die deutsche Fahne ins Stadion. Mitglieder der deutschen Delegation zogen ihre Mützen ab. Dies sollte ein Innehalten und Gedenken an die Situation in der Ukraine und an Kriegsopfer ausdrücken.
Die Weltspiele finden bis zum 13. März an drei Wettkampfstätten in Peking und den 200 Kilometer entfernten Bergen von Zhangjiakou und Yanqing statt. Nach 2008 ist Peking die erste Stadt, in der nach Sommerspielen auch Winterspiele stattfinden. 564 Athleten gehen an den Start, mehr als je zuvor.
Gastgeber China, der ohnehin wegen Menschenrechtsverstößen, Unterdrückung in Hongkong und Säbelrasseln gegenüber Taiwan am Pranger steht, spielt auch im Ukraine-Konflikt eine umstrittene Rolle. So gibt Peking dem russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter Rückendeckung und weigert sich, die Invasion zu verurteilen.
War bei der Menschenrechtskritik an China noch argumentiert worden, Sport und Politik müssten getrennt werden, war es damit nach der Invasion zumindest gegenüber Russland vorbei. In einer Kehrtwende revidierte das Internationale Paralympische Komitee seine anfängliche Entscheidung, die Sportler aus Russland und Belarus zuzulassen. Da Verbände, Teams und Athleten daraufhin mit einem Boykott gedroht hatten, sah das Komitee die «Durchführbarkeit der Paralympischen Winterspiele» gefährdet und schloss sie doch aus.
Teile des ukrainischen Teams tagelang unterwegs
Wegen des Krieges waren Teile des 54-köpfigen ukrainischen Teams vier Tage unterwegs – erst von Kiew über Lwiw über die Grenze nach Polen und weiter über die Slowakei und Österreich nach Mailand, um nach Peking zu fliegen. «Es ist ein Wunder, dass wir es alle hierher geschafft haben», sagte Delegationschef Waleri Suschkewitsch. «Viele Mitglieder unseres Teams mussten flüchten, während es Bombenangriffe gab und Granaten explodierten.» Sie sorgten sich jetzt um Angehörige daheim, von denen Nachrichten fehlen. «Jeder ist besorgt», hieß es.
Die technisch aufwendige Eröffnungsfeier auf dem bildschirmähnlichen Stadionboden aus LED-Lampen war symbolgeladen – auch mit Anspielungen an Frieden, Einheit und Solidarität. Die künstlerische Leitung hatte wieder Starregisseur Zhang Yimou. Der Spruch «Veränderung beginnt mit Sport» wurde in der Blindenschrift Braille gezeigt. Es wurde auch für die #WeThe15-Bewegung geworben, die sich für die behinderten Menschen einsetzt, die 15 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.
Stimmung unter den Sportlern «gedrückt»
Da China eine strenge Null-Covid-Strategie verfolgt, finden die Paralympischen Spiele wie die olympischen Wettkämpfe im Februar unter extrem strengen Vorsichtsmaßnahmen statt. Alle Teilnehmer dürfen sich nur innerhalb geschlossener Kreisläufe bewegen und sind komplett vom Rest des Landes abgetrennt. Jeder muss sich täglich testen lassen. Wer sich angesteckt hat, wird isoliert. Ausländische Zuschauer sind bei den Spielen wegen der Pandemie wieder nicht zugelassen. Eintrittskarten werden nur kontrolliert verteilt.
Die Stimmung unter den Sportlern war nach Angaben des Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes, Friedhelm Julius Beucher, «gedrückt». Er nannte den Ausschluss Russlands im Bayerischen Rundfunk ein «wichtiges Symbol». «Jetzt ist die Entscheidung gefallen, die Irritation ist weg», sagte Beucher. «Ich hoffe, wir können uns jetzt auf die Wettkämpfe konzentrieren.» Er kritisierte einzelne russische Sportler, «die glühend Putin gratuliert haben».
Der deutsche Fahnenträger Fleig sagte im ZDF: «Für mich persönlich ist es ein bisschen befremdlich und schwierig, sich auf das Wesentliche einer Sportveranstaltung zu konzentrieren.» Hingegen hatte seine Teamkameradin Forster «endlich ein richtiges paralympisches Feeling»: «Jetzt gehen die Spiele los. Darauf freue ich mich.»