Biles krönt Gala mit sechstem Gold – Kevric Olympia-Achte
Paris (dpa) – Erst lächelte sie befreit, dann holte sie sich Umarmungen ab und lief anschließend gemeinsam mit Teamkollegin Sunisa Lee mit der USA-Flagge durch die Halle: Mit einer unvergleichlichen Bodenübung beendete Simone Biles ihre Mehrkampf-Gala bei den Olympischen Spielen in Paris. Der 27 Jahre alte Turn-Superstar hat nur zwei Tage nach dem Erfolg mit dem Team mit fabelhaften 59,131 Punkten den zweiten Sieg in der Arena Bercy gefeiert.
Die Goldmedaille aus den Händen von IOC-Präsident Thomas Bach war ihre insgesamt sechste bei Olympischen Spielen seit Rio de Janeiro 2016. Dabei brachte sie das Kunststück fertig, als erste Turnerin den Sieg im Mehrkampf im Abstand von acht Jahren zu wiederholen. Zweite wurde Rebeca Andrade aus Brasilien mit 57,932 Zählern vor Tokio-Olympiasiegerin Lee mit 56,465 Punkten.
Helen Kevric überzeugt im Schatten von Biles
Im Schatten der Biles-Gala war Helen Kevric als hervorragende Achte beste Deutsche. Die 16 Jahre alte Mehrkampf-Meisterin erreichte an Schwebebalken, Boden, Stufenbarren und Sprung insgesamt 54,598 Punkte. «Ich bin sehr fröhlich», sagte die Jüngste im deutschen Olympia-Team. Am Sonntag steht sie noch im Finale am Stufenbarren, wo sie mit 14,466 Punkten ihre höchste Note bekam.
Sie sei jetzt die achtbeste Turnerin der Welt. «Das hört sich schon ganz schön an, muss ich sagen. Deswegen kann man jetzt lachen», meinte die Stuttgarterin. Die Kölnerin Sarah Voss wurde 24. mit 49,999 Zählern.
Im Gegensatz zum Team-Wettbewerb startete Superstar Biles spektakulär in die Einzelentscheidung. Für ihren «Biles II», den schwersten Sprung im Frauen-Turnen, erhielt sie 15,766 Punkte. Doch ihre Mission Mehrkampf-Gold geriet am Stufenbarren ins Stocken. Nach einem Patzer am unteren Holm wurde ihre Übung nur mit 13,733 Punkten benotet.
Plötzlicher Dreikampf nach Barren-Patzer
Plötzlich wurde aus der One-Woman-Show ein Dreikampf. Die Brasilianerin Andrade, die bei den Spielen in Tokio nach dem weitgehenden Rückzug von Biles wegen mentaler Probleme den Mehrkampf gewonnen hatte, bot zwei fehlerfreie Übungen und lag bei Halbzeit in Front. Durch einen soliden Sprung und famose 15,533 Punkte am Stufenbarren verdrängte Kaylia Nemour aus Algerien Biles sogar auf Rang drei im Zwischenklassement.
Vor dem Abschluss am Boden aber rückte die Mehrkampf-Weltmeisterin die Verhältnisse wieder zu ihren Gunsten zurecht. Ihre meisterliche Übung wurde mit 14,566 Punkten bewertet. Weil Nemour nach einem schwachen Vortrag zurückfiel und Andrade den Schwierigkeiten von Biles zu wenig entgegenzusetzen hatte, übernahm die US-Amerikanerin wieder Platz eins.
Immer, wenn Biles ans Gerät trat, musste auch Helen Kevric aufs Podium, die zeitgleich in einer anderen Gruppe turnte. «Ich habe mir vorgenommen, erst anzufangen, wenn der Applaus fertig ist», sagte Kevric. Die 16 Jahre alte deutsche Mehrkampf-Meisterin gab sich keine Blöße und turnte ebenso unaufgeregt wie solide. «Insgesamt bin ich sehr zufrieden», bilanzierte sie ihre vier Übungen. Dagegen musste Sarah Voss Abgänge am Stufenbarren und am Schwebebalken verkraften und fiel bei der Landung nach dem Sprung rückwärts auf die Matte.