Kaweh Niroomand ist der Geschäftsführer der BR Volleys. Foto: Andreas Gora/dpa

Olympia-Jubel und Termin-Frust bei Volleyballern

Berlin (dpa) – Kaweh Niroomand ist ein Freund klarer Worte. Bei aller Freude über die Olympia-Qualifikation der deutschen Volleyballer hat sich beim Geschäftsführer des deutschen Meisters BR Volleys vor dem Start der Bundesliga am Freitag einiges an Ärger angestaut.

«Was da vom Weltverband gemacht wird, ist unverantwortlich. Das ist nur von kommerziellen Gedanken des Weltverbandes getrieben. Auf dem Rücken der Vereine und vor allem auch der Gesundheit der Spieler», sagt der 70-Jährige. «Turniere, Turniere, Turniere zu organisieren. Völlig unnötig.»

Was er meint: Die Nationalteams vieler Länder haben einen Marathon-Sommer hinter sich. Von Ende Mai bis Anfang Oktober eilten sie von der Nationenliga auf mehreren Kontinenten zur Europameisterschaft und schließlich zum Olympia-Qualifikationsturnier nach Brasilien. Und nun startet umgehend die Club-Saison. «Das Problem kennen wir seit Jahren. In diesem Jahr ist es besonders extrem», sagt Niroomand der dpa. 

Nicht nur, dass der Meister einen großen Teil der Saisonvorbereitung mit einer Mini-Trainingsgruppe bestreiten musste. «Wir haben Spieler zurückbekommen, die sich da verletzt haben», sagt Niroomand. Außenangreifer Cody Kessel etwa kehrte mit einer schweren Knieverletzung von der US-Nationalmannschaft zurück. Die Probleme treffen alle Teams mit Nationalspielern.

Verletzungssorgen bei den Volleyballern

Auch der neue DVV-Präsident Markus Dieckmann sieht eine zu hohe Belastung für Spieler und Spielerinnen. «Es sind junge Menschen, die über elf, elfeinhalb Monate Hochleistungssport betreiben», sagt er. Das sei für Körper und Köpfe zu viel. 

Bei der Frauen-Nationalmannschaft gab es bei Hanna Orthmann und Annegret Hölzig zwei schwere Verletzungen. Der Kapitän der Männer, Lukas Kampa, sprach davon, dass so mancher seiner Mitspieler wohl «auf die Pharmaindustrie zurückgreifen» müsse. Ausdrücklich auf die legalen Mittel, aber trotzdem alles andere als ein Wunschzustand.

«Es muss da einen Dialog geben. Es muss sich an der Situation etwas verändern. Denn es passiert auf dem Rücken der Athleten und das sind die letzten, die unter so etwas leiden sollten», sagt Dieckmann. Dafür wolle sich der Verband einsetzen. «Herr Niroomand hat da nicht nur den Finger in die richtige Wunde gelegt, sondern mit seiner Sorge und seiner Wut die volle Unterstützung von uns als Liga-Verband», sagt auch Daniel Sattler, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga.

Der Weltverband hat allerdings jüngst beschlossen, die Weltmeisterschaft alle zwei statt alle vier Jahre auszutragen. Zwar sollen dafür etwa die Qualifikationsturniere für Olympia wegfallen. Trotzdem droht 2028 ein Sommer mit Nationenliga, EM und Olympia. Sattler sieht auch den Vorteil erhöhter Sichtbarkeit für Volleyball, bleibt aber vorsichtig. «Das ist für uns ambivalent. Es kommt auf die gute Ausgestaltung an», sagt er.

Olympia-Quali gibt Schwung

Den Schwung aus der durchaus überraschenden Olympia-Qualifikation in Rio will die Liga aber mitnehmen. Mit Ruben Schott, Johannes Tille, Tobias Krick und Erik Röhrs spielen vier der deutschen Spieler in der Heimat, die ersten drei in Berlin. «Unsere Aufgabe wird es zusammen mit den Clubs sein, diese Qualifikation in den Monaten bis Paris sichtbar zu machen», sagt Sattler. 

Niroomand erwartet einen langfristigen Effekt: «Das ist eine Riesengeschichte. Ich glaube aber nicht, dass sich das sofort in Cent und Euro für den deutschen Volleyball bemerkbar machen wird. Aber es bringt viel im Bereich der Förderung des Volleyballs, es gibt Rückenwind, die Sportart erhält insgesamt mehr Sichtbarkeit.»

Auch die Aufstockung der Liga auf zwölf Teams muss sich auf lange Sicht beweisen, ist aber eine Chance. Die Bedingungen bleiben an einigen Standorten schwer. Demgegenüber stehen Erfolgsgeschichten wie die SVG Lüneburg.

Alles andere als ein weiterer Titelgewinn der BR Volleys wäre dennoch eine Überraschung. Es wäre der achte Titel in Folge, der 14. insgesamt. Die Berliner können alleiniger Rekordmeister werden. Dass sein Verein, der größte Zuschauermagnet in Europa, die nationale Konkurrenz immer mehr abhängt, sieht Niroomand nicht. «Man braucht immer Leuchttürme, wenn man etwas im Sport entwickeln will. Aber der Leuchtturm muss auch in der Lage sein, etwas zurückzustrahlen», sagt er.