Florian Wellbrock (l) aus Deutschland und Mychajlo Romantschuk aus der Ukraine stehen nach dem Rennen zusammen. Foto: Jo Kleindl/dpa

Romantschuk über russische Schwimmer: «Keinerlei Respekt»

Fukuoka (dpa) – Der ukrainische Spitzenschwimmer Mychajlo Romantschuk würde im Falle einer Wiederzulassung russischer Sportler bei den Olympischen Spielen 2024 wohl auf einen Boykott verzichten und gegen sie antreten.

«Ich würde ihnen dort zeigen wollen, dass wir stark sind, dass wir sie bezwingen können, dass wir besser sind als sie – im sportlichen Sinne.

Im Schwimmbecken, im Stadion, im Boxring, überall», sagte Romantschuk der «Süddeutschen Zeitung». Die Hand reichen könne er russischen Sportlern aber nicht: «Ich habe keinerlei Respekt mehr übrig für sie und für alles, was passiert ist.»

Beratungen während WM

Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften im japanischen Fukuoka sind wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine keine Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus zugelassen. Mit Blick auf Olympia in Paris könnte sich das aber ändern. Der Schwimm-Weltverband World Aquatics will während der WM darüber beraten, wie er mit dem Thema in Zukunft umgeht.

Ob er im Falle einer Wiederzulassung russischer Sportler überhaupt starten darf, weiß Romantschuk nicht. «Wenn sie tatsächlich grünes Licht geben für russische Athleten, wieder an Wettkämpfen teilzunehmen, hängt alles an der ukrainischen Regierung. Es ist dann nicht mehr meine Entscheidung, ob ich meinen Beruf weiter ausüben kann oder nicht», sagte der 26-Jährige, der wegen des Krieges in Magdeburg lebt und dort mit dem deutschen Weltklasseschwimmer Florian Wellbrock trainiert. Die Ukraine hatte zuletzt all seinen Sportlern die Teilnahme an Wettbewerben untersagt, bei denen Russen oder Belarussen dabei sind.

Träume vom Krieg

Indes beschäftigt der Krieg Romantschuk nach eigenen Angaben täglich und häufig auch in der Nacht. «Momentan träume ich fast nur vom Krieg, aber es gibt manche Tage, da kann ich mich davon erholen, weil ich tatsächlich vom Schwimmen träume», sagte der 26-Jährige im Interview der «Süddeutschen Zeitung».

Romantschuk sprach zudem über Freunde, die er im Krieg verloren habe. «Einer davon, ein junger, so talentierter Leichtathlet, hat sich freiwillig bei der Armee gemeldet, um unser Land zu verteidigen. Sie haben ihn dann in die Hölle geschickt, nach Bachmut. Er ist ihr nicht entkommen», sagte er. «Es ist so traurig, wenn ich daran denke, weil wir zwei Wochen vor dem Angriff der Russen noch bei uns zu Hause alle zum Abendessen zusammensaßen. Wir dachten in keiner Sekunde an Krieg, dass so etwas passieren kann. Es war das letzte Mal, dass wir ihn gesehen haben. Wenn man solche Nachrichten bekommt, dann verändert das vieles in deinem Kopf.»

Romantschuk lebt wegen des Krieges nicht mehr in seinem Geburtsland. Der Langstreckenspezialist hat sich der Magdeburger Trainingsgruppe um Freiwasser-Olympiasieger Florian Wellbrock angeschlossen.