Anna Pogany bei der Annahme. Foto: ./CEV/dpa

Volleyball-Teams wollen Unruhe ausblenden

Kienbaum (dpa) – Als Ausreden wollen die deutschen Volleyballer die vielen Nebenschauplätze nicht gelten lassen.

«Das Feld ist für die nächsten anderthalb Jahre bestellt. Es gibt keine Fragezeichen, was die sportliche Planung angeht in irgendwelchen Dingen, die uns betreffen», sagt Nationalmannschafts-Kapitän Lukas Kampa. «Da brauchen wir nicht besorgt irgendwo hinzuschauen.»

Im konkreten Fall geht es um das Fehlen eines Sportdirektors beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV) nach dem Abgang von Christian Dünnes im März. Doch rund ein Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris schwirren viele Themen um die Nationalteams der Männer und Frauen.

Dabei steht ein besonders straffes Programm vor den Nationalmannschaften: Nach der gerade beginnenden Nationenliga kommen die Europameisterschaften, für die Frauen in der Vorrunde eine Heim-EM, und dann die olympischen Qualifikationsturniere ab Mitte September mit schweren Gruppen.

Von Mai bis Anfang Oktober sind die Spieler und Spielerinnen sehr viel mit der Nationalmannschaft unterwegs. Ein Terminstress, gegen den sich einige entscheiden: zuletzt Kapitänin Jennifer Janiska und Kimberly Drewniok. Beide traten vor ihrem 30. Geburtstag aus der Nationalmannschaft ab.

«Es ist ein absoluter Verlust, der mich enttäuscht, aber wir müssen auch akzeptieren, dass sie ihre Entscheidungen so getroffen haben», sagt Trainer Vital Heynen, legt den Finger aber auch in die Wunde. «Wir müssen einen Weg finden, dass sie bis nach 30 weiterspielen wollen, das ist die große Herausforderung. Die Top-Nationen spielen nicht mit Spielerinnen unter 25, wir spielen nur mit welchen bis 25.».

Gehalt als Anreiz?

Dabei könnte auch die Entlohnung für den monatelangen Einsatz eine Rolle spielen. «Jedes andere Land zahlt seinen Nationalspielerinnen ein Gehalt, nur Deutschland nicht. Da ist der Anreiz, auch im Sommer zu Länderspielen zu reisen, natürlich größer», sagt Janiskas Nachfolgerin Anna Pogany der Zeitung «nd.DerTag». Auch wenn sie ebenso wie Männer-Kapitän Kampa betont, dass der sportliche Reiz bei der Nationalmannschaft im Vordergrund steht, ist das Finanzielle ein Thema.

«Das ist ein Bereich, wo noch Potenzial ist, wo sich der Verband und die deutsche Nationalmannschaft entwickeln können», sagt Kampa. Für die Nationenliga gebe es etwa eine Prämie für die Teams. «Es ist klar, dass es sicherlich in diesem Bereich große Unterschiede in der Weltspitze gibt», sagt der 36-Jährige.

Dazu kommt die schon länger andauernde Unruhe beim Verband. Neben Dünnes gab es noch zahlreiche andere Abgänge. Präsident René Hecht und die von ihm gestützte Julia Frauendorf, die als Vorstand die Modernisierung antreiben soll, sind Berichten des «Volleyball Magazins» zufolge auch intern umstritten. Der DVV hat außerdem nach der Insolvenz seiner Eventagentur Probleme, Länderspiele in Deutschland auszurichten.

Frauendorf räumt dies ein, sagt aber auch: «Es ist unser ausgesprochenes Ziel, Länderspiele in Deutschland auszutragen, damit unsere Nationalmannschaften im eigenen Land wieder sichtbar werden.» Aktuell setzt man dabei auf die Unterstützung von Vereinen.

Sorgen um Volleyball-Verband

Bei der Volleyball-Bundesliga (VBL) schaut man nicht ohne Sorge zum Verband. «Wir haben aufgrund der Entwicklungen in den letzten Wochen große Sorgen, dass es der DVV-Verbandsspitze gelingen wird, wieder Ruhe in den Verband zu bringen, die Landesverbände politisch zu einen und Gestaltungsmehrheiten für die Sachthemen zu erzielen», sagt Geschäftsführer Daniel Sattler der dpa. Die Lage schade auch der Liga. VBL und Verband müssten in der Sache gemeinsam die Probleme lösen.

Sportlich gibt es dagegen Anlass zur Hoffnung. Die deutschen Frauen gewannen in der ersten Woche der Nationenliga trotz einer kurzen Vorbereitung drei von vier Spielen und sammelten wichtige Punkte für die Weltrangliste, die eine zweite Chance für die Olympia-Qualifikation bietet. Außenangreiferin Hanna Orthmann tat sich besonders hervor. «Sie ist schon jetzt eine Riesenstütze für uns und auf dem Weg zur Weltklasse», sagt Pogany.

Die Männer steigen am 7. Juni gegen Brasilien mit Zuversicht in das Turnier ein. «Die Voraussetzungen im Vergleich zum letzten Jahr sind auf jeden Fall anders, weil die allermeisten dabei sind und viel in der Vereinssaison gespielt haben. Das Niveau ist deutlich höher», sagt Kampa.