Triathletinnen auf Hawaii unter sich
Kailua-Kona (dpa) – Für die zweimalige Ironman-Europameisterin Laura Philipp fühlt sich diese WM «komisch an». Das müsse sie schon ehrlich sagen, erzählt sie: «Aber auch gut komisch, irgendwie.» Denn diesmal sind die Frauen bei der Ironman-Weltmeisterschaft in Hawaii unter sich.
Über 2000 Altersklassenathletinnen, 55 Profi-Starterinnen – für die Männer bleiben im Mekka des Langstrecken-Triathlons diesmal nur die Nebenrollen, ihr Titel wurde schon vor einem Monat an der Côte d’Azur vergeben.
«Ich bin fest davon überzeugt, dass wir zusammen in einem Rennen starten sollten am gleichen Tag so bald wie möglich! Bis dahin, Frauen: Zeigt der Welt eure Stärke», schrieb der deutsche Vizeweltmeister von Nizza, Patrick Lange, vor der Premiere der ersten reinen Ironman-Frauen-WM am Samstag (06.25 Uhr MESZ/sportschau.de). Im kommenden Jahr starten die Frauen in Nizza, die Männer dürfen dann wieder auf Big Island ran.
«Es ist ein anderer Vibe. Der ist ungewohnt, aber auf jeden Fall nicht schlecht», schildert Philipp. 2022 wurde die mittlerweile 36-jährige Heidelbergerin Vierte. Damals traten die Profi-Frauen schon getrennt von den Männern in Hawaii an, das Feld der Altersklassenathletinnen war allerdings mit Männern aufgefüllt worden. Zwei Renntage und Massen an Sportlern und Betreuern sowie Fans waren Kailua-Kona zu viel. Ironman handelte, beließ es bei den deutlich höheren Teilnehmerzahlen und trennte die WM der Männer und Frauen räumlich und zeitlich.
Frauen-Premiere spielt für Haug keine Rolle
«Die Entscheidung ist gefallen und ich konzentriere mich nur auf mein Rennen», betont Anne Haug, die Hawaii-Dritte von 2022. Für die erneute Erfüllung des Titeltraums im Triathlon-Sehnsuchtsort spielt die Frauen-Premiere in diesem Jahr für die Weltmeisterin von 2019 keine Rolle. «Ehrlich gesagt, mache ich mir darüber überhaupt keine Gedanken», sagte die 40 Jahre alte Haug der Deutschen Presse-Agentur.
Doch wer in den Tagen vor dem Rennen über die 3,86 Kilometer Schwimmen im Pazifik, 180,2 Kilometer Radfahren mit nicht wenig Gegenwind und dem abschließenden Marathon über 42,195 Kilometer über den legendären Queen Kaahumanu Highway fuhr, bekam die besondere Atmosphäre zu spüren. «Alle lächeln freundlich, grüßen und sagen Hi», erzählte die diesjährige Siegerin des Ironman Germany in Frankfurt, Sarah True: «Ich liebe es.» Wenn die Männer auch dabei seien, sei es ein bisschen aggressiver, meinte die 41 Jahre alte US-Amerikanerin und gab das Motto für dieses Jahr vor: «Eine Feier, wie großartig es ist, eine Frau auf der Insel zu sein und Triathlon-Sachen zu machen.»
Wenn die kleine Kanone das Rennen aber freigibt, hat die Feier Pause, dann wird es ernst. Die Konkurrenz um die 125.000 US-Dollar Siegprämie (ca. 117 700 Euro) könnte erlesener nicht sein. «Jede hat das Messer zwischen den Zähnen», betont Philipp.
Ihren sechsten WM-Triumph will Daniela Ryf – neben der 36 Jahre alten Schweizerin zählen Titelverteidigerin Chelsea Sadoro (34/USA), die mehrfache Vizeweltmeisterin Lucy Charles-Barclay (30/Großbritannien), die ehemalige WM-Zweite Kat Matthews (32/Großbritannien) sowie noch zwei, drei weitere Athletinnen zu den Medaillen-Anwärterinnen.
Philipp will aufs Podium
«Nur weil man schon Erfolge gefeiert hat, kann man sich nicht darauf ausruhen», sagt Haug. Die gerade mal rund 50 Kilogramm leichte Bayreutherin wird auch diesmal vor allem auf ihre Laufstärke setzen. Einen Garantieschein fürs Podium könne man aber nicht erwarten, sagt Haug, die bei den vergangenen vier Weltmeisterschaften immer unter den Top-Drei war.
«Natürlich will ich aufs Podium», erklärt Philipp. «Ich denke, dass ich das Potenzial habe, aber es muss auch vieles für mich laufen.» Neben Haug und Philipp sind aus Deutschland bei den Profi-Frauen Daniela Bleymehl, Laura Zimmermann, Laura Janssen und Loenie Konczalla am Start.
Viel wird – wie immer – von der Rennydnamik abhängen. Wer hat wie viel Rückstand nach dem Schwimmen und muss schon auf dem Rad bei einer Aufholjagd mehr investieren. Wer haushaltet so mit der Kraft und den letzten Reserven, dass der Einbruch nicht beim Laufen unter den schweren Bedingungen von über 30 Grad Celsius und – laut Vorhersagen – etwa 70 Prozent Luftfeuchtigkeit kommt.
Sie sei auch über jeden Mann froh, der da sei und «uns am Renntag hoffentlich unterstützt», bekräftigt Philipp und meint mit einem Grinsen: «Von Nizza habe ich gehört, dass da irgendwie so ein bisschen Testosteron-Überschuss war und die Frauen gefehlt haben.»