Der Deutsche Patrick Lange, Zweitplatzierter der Männer, läuft bei der Triathlon Challenge Roth 2022 ins Ziel ein. Foto: Nicolas Armer/dpa

Solarer Berg und Co.: Was das Roth-Rennen besonders macht

Roth (dpa) – Triathletinnen und -athleten aus über 90 Ländern. Ein Profi-Feld, das bei Männern wie Frauen seines- und ihresgleichen sucht. 7500 freiwillige Helferinnen und Helfer. Und obendrauf ein Publikum, das jede Qual (fast) vergessen lässt.

«Du kriegst Gänsehaut. Wir sind Athleten, wir lieben es, vor großem Publikum anzutreten. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das hier die mit Abstand größte Bühne ist, die wir haben im Triathlon», sagte der dänische Profi Daniel Baekkegard vor dem Triathlon-Langstreckenklassiker in Roth: «Einmal im Leben musst du hier gewesen sein.» 

Er habe im vergangenen Jahr nach Corona die Massen gesehen beim Challenge in Mittelfranken. «Und du wolltest einfach dabei sein», meinte der Brite Joe Skipper, während der nahe Chicago aufgewachsene Ben Kanute sich an die Junioren-Trainingstage im Grünen in den USA erinnert fühlt. An diesem Sonntag ist es wieder so weit, um 06.30 Uhr startet der für viele längste Tag des Jahres. 

Das Phänomen Solarer Berg

Sie nennen sie Stimmungsnester. Und in Hilpoltstein am Solarer Berg ist vermutlich das lauteste und größte seiner Art beim Challenge Roth über die insgesamt 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Auf dem zweiten Teilstück der Ausdauer-Dreikampf-Herausforderung wird der Blick nach einer Kurve frei auf das, was man sonst von Etappen der Tour de France nach Alpe d’Huez kennt. Jeder Schmerz ist vergessen, es ist Zeit für Emotions-Momente für die Erinnerung. Begeisterte Fans, Party-Stimmung, Gänsehaut auf jedem Zentimeter, bei jedem Tritt in die Pedale, mitten durchs Menschenspalier, ein Endorphin-Feuerwerk. «Der Ort, an dem Triathleten weinen», schrieb einmal das Portal pushing-limits.de. 

Das etwas andere Zusammenleben

Sie sind Weltklasse-Athletinnen und -Athleten in ihrem Sport. Sie kommen herum auf der ganzen Welt. In Roth, wo die Hoteldichte bei nicht mal 25.000 Einwohner sehr überschaubar ist, wohnen sie privat, bei Familien. Auch Patrick Lange, der Ironman-Weltmeister von 2017 und 2018 und Roth-Gewinner von 2021 und Zweite des vergangenen Jahres.

«Wenn ich so an Rituale denke, dann haben wir eingeführt, dass man am Mittwochabend nach der Anreise ein schönes Gläschen Rotwein trinkt, zusammensitzt, gut isst und noch mal die Seele baumeln lässt, bevor – in Anführungszeichen – der Wahnsinn losgeht», erzählte Lange. Bei den sogenannten Home Stays würden große Freundschaften entstehen: «Das ist eine besondere Atmosphäre.»

Angriff auf die Rekordzeiten

Die Strecke ist schnell, das ist bekannt, das Ziel mit einer eigens aufgebauten Arena das buchstäblich finale Highlight. Jan Frodeno stellte 2016 dort eine Weltbestzeit auf, er kam nach 07:35:39 Stunden ins Ziel. Zwar schaffte es der Norweger Kristian Blummenfelt 2021 im mexikanischen Cozumel in 7:21:12 Stunden, die Zeiten werden jedoch vor allem wegen der Strömung beim Schwimmen mit Vorsicht gesehen. Schnellste Frau in einem regulären Rennen ist immer noch die Britin Chrissie Wellington. 2011 brauchte sie 8:18:13 Stunden. Und wo? In Roth. 

Womöglich wird sie bei ihrem Besuch am Sonntag Augenzeugin, dass ihre Bestmarke unterboten wird. «Wer das Rennen gewinnen will, muss vermutlich auch den Weltrekord brechen», prophezeite die fünfmalige Weltmeisterin Daniela Ryf angesichts der hochkarätigen Besetzung. Neben der Schweizerin sind Ex-Weltmeisterin und die Roth-Siegerin der vergangenen beiden Jahre, Anne Haug, Hawaii-Gewinnerin Chelsea Sodaro oder auch Laura Philipp am Start, die im vergangenen Jahr in Hamburg Wellingtons Weltbestzeit nur um mickrige zwei Sekunden verfehlt hatte.  

Bei den Männern hat Lange sich etwas Besonderes vorgenommen: Der bekanntermaßen extrem starke Läufer will endlich den Marathon nach den Strapazen im Wasser und vor allem auf dem Rad in unter 2:30 Stunden absolvieren. Zur besseren Vorstellung: 2:30 Stunden über die Distanz entsprechen einem Kilometer-Schnitt von 3:33 Minuten.